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Würde in Tirol so wie derzeit in Östserreich eine Wahl zum Wort bzw. Unwort des Jahres 2014 abgehalten, so hätte "Brückenschlag" beste Chancen, und zwar je nach Blickwinkel in der einen oder der anderen Kategorie. Mit Brückenschlag ist hier die geplante Seilbahnverbindung zwischen den Skigebieten Schlick 2000 im Stubaital und der zum Innsbrucker Mittelgebirge gehörenden Axamer Lizum gemeint. Das mag primär eine Tiroler Angelegenheit sein, die Diskussionen, die seit Monaten hin und her wogen, bieten aber genügend Anlass für grundsätzliche Überlegungen.
Zentraler Streitpunkt ist der Umstand, dass die geplante Seilbahnverbindung ein Ruhegebiet (spezielle Form des Natur- und Landschaftsschutzes) überqueren würde und zwei Stützen im Ruhegebiet errichtet werden müssten. Vor dem Hintergrund der Einbringung öffentlicher Mittel kommen dazu aber auch Fragen der Wirtschaftlichkeit auf der betrieblichen Ebene sowie der ökonomischen Effekte in den betroffenen Kommunen bzw. Regionen.
Für die Grünen in der Tiroler Landesregierung sowie für die berg- und naturnahen NGO's ist der Brückenschlag ein absolutes No-Go, für die Befürworter hingegen ein minimaler Eingriff in die Natur und der letzte Rettungsanker für den Tourismus. Die schwarz-grüne Landesregierung ist gespalten, die stimmenstärkste Partei in sich offenbar auch. Letzteres könnte u.a. auch damit zusammenhängen, dass zumindest zwei Unterschriftenaktionen der Befürworter wegen Erfolglosigkeit zurückgezogen wurden, wogegen die Ablehnungsfront eine Unterschrift nach der anderen auf ihrem Konto verbuchen kann. Die Gegner sind gut organisiert, die Befürworter haben das Problem, dass sie mit ihrer Pro-Kampagne seit Monaten kaum vom Fleck kommen und ihre Öffentlichkeitsarbeit monoton und plump wirkt.
Eine von der Wirtschaftskammer lancierte und dann gleich wieder zurückgezogene Befragung soll 70 % Gegnerschaft erbracht haben. Eine Umfrage der Tiroler Bezirksblätter in den betroffenen Gemeinden hat ergeben, dass über 60 % der Bevölkerung den Brückenschlag ablehnen. Weiters wurde eine von den Befürworten initiierte und im Internet über AVAAZ Bürgerpetitionen laufende Unterschriftenaktion bei ca. 1.250 Unterzeichnern abgesetzt, just zu dem Zeitpunkt, als die Gegner auf die 20.000 Unterschriften zusteuerten (zusammen mit den analogen Listen sollen es inzwischen 25.000 sein). Angesichts dieser Diskrepanzen und der z.T. untergriffig geführten Streitgespräche tun sich für den kritischen Beobachter eine Reihe von Fragen auf, wie z.B.:
Da kommt Freude auf! In meinem Beitrag „Tiroler (Un)Wort des Jahres“ habe ich vor einigen Tagen sowohl an die Befürworter als auch an die Gegner des Brückenschlags, der geplanten Seilbahnverbindung über das Ruhegebiet Kalkkögel, einige Fragen grundsätzlicher Art gestellt. Eine Frage betraf die zu erwartenden regionalwirtschaftlichen Effekte des Brückenschlags, eine weitere das Naturparkmanagement für die Ruhegebiete in den Stubaier Alpen und eine dritte die Evaluierung von Schutzgebieten sowie die daraus resultierenden Nachbesserungen.
In den wenigen Tagen seither hat sich Folgendes ereignet: Die Studie über die zu erwartenden regionalwirtschaftlichen Effekte des Brückenschlags wurde in Auftrag gegeben. Die Tiroler Landesregierung hat die Errichtung eines Naturparks Stubaier Alpen beschlossen der Abänderung der Grenzen des Landschaftsschutzgebietes inklusive Grundtausch im Bereich der Stubaier Gletscherbahn zugestimmt. Damit hat das Seilbahnunternehmen nun die Möglichkeit, eine windsichere 3S Zubringerbahn zu bauen und die Logistik im Bereich der Talstation so zu optimieren, dass nicht nur der Komfort für die Gäste maßgeblich erhöht wird, sondern auch die ökologische Bilanz eine Verbesserung erfährt.
Es ist doch spannend, wie sich die Dinge oft ergeben! Zwar besteht zwischen meinem Beitrag und der Umsetzung der genannten Maßnahmen überhaupt kein ursächlicher Zusammenhang, aber in der Luft ist die Sache offenbar gelegen. Das führt dazu, dass das Denken bzw. das Handeln völlig unterschiedlicher Akteure häufig genau in die gleiche Richtung zielt.